Der Mediascher Humanist Stephan Ludwig Roth
Kurzbiografie

Beitrag von Uwe Andree, Mediasch

Stephan Ludwig Roth, lutherischer Pfarrer und Schulreformer, wurde am 24. November 1796 in Mediasch/Siebenbürgen geboren, und am 11. Mai 1849 in Klausenburg hingerichtet. Stephan Ludwig Roth war der Sohn des Siebenbürger Lehrers und Pfarrers Stephan Gottlob Roth. Er besuchte die Gymnasien in Mediasch und Hermannstadt, wo er am 22. Juli 1816 das Examen ablegt. Ein Stipendium ermöglichte ihm ab 1817 das Studium. Auf einer Reise im März 1818 lernte er in Karlsruhe Wilhelm Stern kennen, der ihn mit dem Gedankengut Pestalozzis bekannt macht. Nach Gesprächen mit dem Karlsruher Professor Holzmann im Juli unterbricht Stephan Ludwig Roth am 3. September sein Studium und reist nach Yverdon, wo er freundlich von Pestalozzi und seinen Mitarbeitern aufgenommen wurde. Nach entsprechender Vorbereitung übernimmt er am 1.1. 1819 den Lateinunterricht nach der Pestalozzischen Methode und begann im Sommer mit der Arbeit an einem Werk über den Unterricht in den alten Sprachen. Im Februar 1820 forderte Vater Stephan Gottlob Roth die sofortige Rückkehr seines Sohnes in einem Schreiben an Pestalozzi. Stephan Ludwig Roth macht sich im April auf die Rückreise, allerdings nicht ohne in Freiburg, Karlsruhe und Tübingen Station zu machen. In Tübingen schrieb er in vier Tagen eine Abhandlung über "Das Wesen des Staates als eine Erziehungsanstalt für die Bestimmung des Menschen", aufgrund dessen er zum Dr. der Philosophie und Magister der freien Künste promoviert. Er reiste weiter nach Wien, wo man seinen Erziehungsideen nur wenig Liebe entgegenbringt und ihm untersagt, den im Ausland erworbenen Doktortitel zu tragen. Im September 1820 ist er wieder in Siebenbürgen, wo er bald für seine pädagogischen Reformpläne wirbt, zuerst ohne Erfolg zu haben. 1821 wird er Gymnasialprofessor in Mediasch. 1828 wird er zuerst Konrektor und 1831 Rektor dieser Schule. Neben seiner Tätigkeit arbeitete Stephan Ludwig Roth an mehreren Schriften, die teilweise in diesen Jahren veröffentlicht wurden. So schrieb er von 1824-1830 an einer dreibändigen »Geschichte von Siebenbürgen« die bisher nicht gedruckt wurde. Um 1833 versucht er Reformversuche im Mediascher Schulwesen durchzusetzen. Er wollte das Turnen und Singen als Unterrichtsfächer einführen und regte die Errichtung einer Bürgerschule an. Nachdem er 1834 zwei Berufungen als Pfarrer abgelehnt hatte, nimmt er am 26. November die Wahl zum ersten Prediger an der evangelischen Kirche in Mediasch an und wurde am 2.12.1834 ordiniert. 1837 wurde Stephan Ludwig Roth zum Pfarrer von Rimesch gewählt, wo auch schon sein Vater wirkte. Neben seiner pfarramtlichen Tätigkeit wirkte er an einer soziologischen Arbeit über die Zünfte, die 1841 erschien. Als im Januar und Februar 1842 auf dem Klausenburger Landtag über die Sprachenfrage debattiert wurde, macht sich Stephan Ludwig Roth an die Arbeit zu einer Schrift, die im Mai 1842 unter dem Titel "Der Sprachkampf in Siebenbürgen. Eine Beleuchtung des Woher und Wohin?" erschien und gegen die von ungarischer Seite bald erhebliche Angriffe vorgebracht wurden. Berühmt bleibt seine Aussage: "Ich sehe nicht die Notwendigkeit, diesem Land eine neue ofizielle Landessprache zu verordnen. Wir besitzen bereits eine Landessprache. Diese ist weder die deutsche noch die ungarische Sprache, sondern die rumänische Sprache, die Sprache der Bevölkerungsmehrheit." Daneben nahm er auch zu land- und volkswirtschaftlichen Fragen Stellung und war an der Gründung des Siebenbürgisch-sächsischen Landwirtschaftsvereins in Kronstadt beteiligt. 1845 läßt er sich für vier Monate beurlauben, um fortschrittliche Bauern aus Württemberg zur Einwanderung nach Siebenbürgen zu bewegen. Auf Grund seiner Vermittlung kommen im März 1846 307 Familien mit 1460 Personen nach Siebenbürgen. Im März 1846 wird Stephan Ludwig Roth von der österreichischen Regierung aufgefordert, sich dafür zu verantworten. Am 21.2.1847 wird Stephan Ludwig Roth zum Pfarrer von Meschen gewählt. Im Jahre 1848 sollten sich die Ereignisse bald überschlagen. Am 21. Oktober 1848 wird Stephan Ludwig Roth durch den Sächsischen Nationsgrafen in den siebenbürgischen Pazifikationsausschuß berufen, der die gegenseitige Verständigung der Landesnationen untereinander, aber vor allem der Sachsen und Rumänen zum Ziel hatte. Die politischen Ereignisse der folgenden Zeit brachten auch für Stephan Ludwig Roth große Veränderungen. Ende Oktober 1848 scheiterten die Verhandlungen der Österreicher mit dem abgefallenen Ungarn und Szeklern und der Bürgerkrieg brach aus. Am 1. November wurde Stephan Ludwig Roth von Feldmarschalleutnant Puchner zum Kaiserlich bevollmächtigen Kommissär für die sogenannten »13 sächsischen Dörfer« im Bezirk Kokelburg ernannt. Nachdem die ungarische Behörde geflohen war, versucht Stephan Ludwig Roth den Anschluß an den sächsischen Königsboden möglichst rasch zu verwirklichen. Mit einem deutschen und rumänischen Reisepaß versehen, begab er sich nach Elisabethstadt, wo er sein Standquartier einrichtete. Als die ungarische Armee am 17. Januar 1849 einen Sieg erreichte und in Mediasch einzog, kehrte Stephan Ludwig Roth auf seine Pfarrei zurück. Dort wird er am 21. April auf Veranlassung des ungarischen Regierungskommisars verhaftet und nach Klausenburg überführt. Am 10. und 11. Mai tagte das Standgericht und verurteilte ihn zum Tode. Noch am Nachmittag des 11. Mai 1849 wurde er erschossen. Stephan Ludwig Roth war ein vielseitiger Pfarrer, Schriftsteller, Schulreformer im Dienste der sächsischen Nation in Siebenbürgen und ein bedeutender Vorkämpfer der Menschenrechte. Der größte Teil seiner literarischen Schriften ist erst lange nach seinem Tode veröffentlicht worden.




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